„Dein Körper ist nicht beschädigt?“, sprach Atlan nach einer langen und schmerzhaften Untersuchung. Towa war sicher fähig, aber besonders einfühlsam konnte man sie nicht nennen. Jedoch war der Arkonide von ihrer Erscheinung durchaus beeindruckt. Sie war schön und dem was sie tat zur Folge, war sie überaus intelligent. Atlan hatte schon einige Androidinnen gesehen. Aber Towa gehörte zu den schönsten. „Glaubst du wirklich, ich hätte dir meine wertvollste Hülle geschickt? Der Körper, den du zerstört hast, war ein Versuch. Mein erster Versuch, einen Körper zu gestalten“, antwortete Towa, während sie Atlan eine Spritze in den Oberarm jagte. Ja, jagen war das richtige Wort. Selbst die Heiler im Land der Romet waren nicht solche kaltschnäuzigen Metzger gewesen. Einige zumindest.
„Dann ist das dein echter Körper?“Atlan ließ den Kopf in die Kissen sinken und sah an die sterile weiße Decke. „Das ist der Körper, den Sain und Quinn mir geschenkt haben, ja. Es ist bisher nicht gelungen, ihr Werk zu übertreffen.“ Atlan nickte stumm und atmete tief ein und aus. Es war vorbei. Der Kampf um die gefangenen Howaren war vorbei. „Ich habe noch zwei, aber die sind vollkommen unnütz. Ich denke, dieser Körper wird der Meine bleiben, wenn ich dich begleite.“
Der Arkonide stutzte und wandte den Kopf herum, um Towa anzusehen. Ehe er etwas sagen konnte aber sprach die Frau mit der gebräunten Haut weiter, ohne ihn anzusehen: „Du kannst nichts sagen, was mich umstimmen wird. Ich werde dich begleiten. Wenn es noch eine winzige Chance gibt Quinn zu sehen, dann werde ich sie nutzen und du wirst mich nicht aufhalten.“ Atlan, der es lange Zeit gewohnt war von Frauen keine Widerworte zu bekommen, hob eine Braue. Aber was sollte er in seinem Zustand schon dagegen tun? Und überhaupt war es sicher nicht schlecht, nach diesem Alptraum eine Verbündete an seiner Seite zu haben.
„Aber du musst dich noch eine Weile ausruhen. Deine Wunden sind tief“, fügte sie an und sah nun seitlich aus dem Augenwinkel zu Atlan herüber, der eine Braue in die Luft hob. „Besonders die am Bein“, erklärte er und erntete von Towa nur ein kurzes Schmunzeln. „Ich hätte dich schlimmer verwunden können, wenn ich gewollt hätte.“ Das hätte sie vermutlich. Atlan hatte gehofft, dass dieser Angriff eine Reaktion auf ihren stummen Blickaustausch war. Dass sie verstanden hatte, dass sie an Sains Leichenrobotern nur vorbei kämen, wenn sie ihn täuschten. Offenbar hatte sie es verstanden. „Der Aufbau deines Köprers ist dem eines Menschen ähnlich?“, bemerkte er und sah wieder an die Decke. Er schloss seine Augen und atmete durch. „Ist er. Dein Messerstoß hätte mich töten können“, gab sie zurück und wandte sich von Bett und Monitor ab, um zu gehen. „Ich habe nicht auf dein Herz gezielt und auch nicht auf die Lunge. Ich wusste, dass das Brustbein meinen Stoß abfangen würde, wenn ich es nicht übertreibe.“ schloss Atlan diesen Dialog ab und war drauf und dran wieder einzuschlafen.
Im Gehen hielt Towa noch einmal inne, wandte sich zu ihm um und sah ihn von oben herab an. „Warum? Warum hast du dein Vertrauen mir geschenkt und nicht Sain?“.Atlan ließ sich die Frage kurz durch den Kopf gehen und sinnierte über eine Antwort. Aber eigentlich war diese sehr einfach. „Quinn sagte, ich solle Towa vertrauen. Nachdem ich wusste, dass du Towa bist, gab es für mich da keine Frage.“ Das war die Antwort und Atlan klang auch so, als würde er das meinen. Mit seiner Antwort änderte sich Towas Haltung, sowie ihr Blick. Beides wurde weniger herablassend und deutlich sanfter. Jetzt setzte sich die Androidin sogar auf die Bettkannte neben ihn. „Erzähl mir von ihr, ja?“, bat sie leise und legte ihre Hand auf die des Arkoniden. Atlan hob die Schultern an und legte den Kopf etwas schräg zu ihr, um sie ansehen zu können.
„Ich kann nicht viel sagen. Sie besucht mich in meinen Träumen und ich glaube, dass ich sie kennen müsste. Aber ich kann mich nicht an sie erinnern.“.Atlans Antwort wurde von einem Seufzen begleitet. „Ich habe gerade…“ begann er und war plötzlich still, als wären ihm die restlichen Worte im Hals stecken geblieben. Gerade noch im Traum hatte er versucht sich zu erinnern. Und irgendwas war ihm eingefallen. Aber was war es? Kurz kniff Atlan die Augen zusammen, als hätte er Schmerzen. Akribisch durchsuchte er sein Hirn und erneut wunderte er sich über das Ausbleiben eines Kommentars seines Extrasinnes. Ich werde dich nicht in deinen Palast der Einsamkeit begleiten. Dieser Satz hallte in seinem Kopf wieder und Atlan versuchte zu greifen, zu welcher Person dieser Satz zu gehören schien. Doch es war, als würde er versuchen, Nebel mit den Händen zu fangen. Kaum umschloss er die Erinnerung, schon war sie durch seine Hände geflossen und hatte sich aufgelöst. „Ich erinnere mich nicht.“ Wiederholte er noch einmal, ehe er erschöpft wieder in einen tiefen Schlaf hinüberglitt.
Stimmen um ihn herum verwirrten seinen eben friedlich schlummernden Geist. Atlan öffnete die Augen und fand sich in einem Haus wieder, das für einen hochentwickelten Arkoniden nicht schlimmer riechen konnte. Übermäßiger Gebrauch von Duftölen, Feuer und ungewaschene Männer. Diese Kombination hätte ihn beinahe würgen lassen. Atlan setzte sich auf. Er befand sich auf etwas, das sicher ein Bett sein sollte. Barbarisch war es. Hart und kratzig, belegt mit den Fellen toter Tiere. Er war sich sicher, dass er nicht der erste war, der hier seine Bettstadt gefunden hatte. Zwei zierliche und braun gebrannte Hände legten sich auf seine Knie und der Geruch der Duftöle kam näher. „Wirst du mich lieben?“, fragte eine Frauenstimme, mehr entschlossen als unsicher. Als hätte sie sich die Antwort auf diese Frage schon selbst gegeben. Atlan wollte den Blick heben, sie ansehen. Es gelang ihm jedoch nicht.
Er musste träumen, gestand er sich ein, und wehrte sich nicht gegen die Bilder vor seinen Augen. „Wirst du mich lieben?“, wiederholte die Frauenstimme noch einmal, dann verblassten die Hände auf seinem Bein und auch die Umgebung verschwamm und verschwand in der Dunkelheit seines Traumes. Das Bild veränderte sich. Atlan sah nach unten und erblickte den vor Fieber glühenden Körper einer Frau, die in seinen Armen lag. Er musterte ihr Gesicht und versuchte sich zu erinnern. Dunkles Haar und die feinen Züge der Schönheit riefen in ihm etwas wach, das längst nicht mehr präsent gewesen war. Er hatte sie einst gerettet. Erst aus einem Turm voller Einsamkeit und dann vor dem Fieber. Sie hatte die Unterseekuppel gesehen, seinen Palast der Einsamkeit. Doch sie kam nicht mit ihm, als es für ihn Zeit war zu gehen. „Daganya“, sprach er leise und strich der Frau in seinen Armen eine Strähne aus dem schweißnassen Gesicht.
Und in dem Moment, als er ihren Namen aussprach, löste sich die schöne junge Daganya auf und Atlan blieb mit leeren Händen zurück. Fassungslos starrte er zu Boden. Wie hatte Quinn von ihr erfahren können? Gerade als er noch ganz in sich selbst und dieser Frage gefangen war, kamen Schritte näher. Nackte Füße gingen auf ihn zu. Und bei jedem Schritt plätscherte es leise, als würden sie auf Wasser laufen. Der Arkonide hob den Blick und sah in das Gesicht der Frau, die ihn in seinen Träumen heimsuchte. Quinn stand vor ihm, nur in ein weißes Leinentuch gewickelt. Das lange weißblonde Haar lag bis zu ihren Knien in Wellen auf ihrem Rücken. Die blauen Augen mit dem pinken Kranz blickten ihn sanft an. „Daganya. Ich erinnere mich an diesen Namen“, sprach sie leise und ging vor Atlan in die Hocke, der immer noch nicht wusste, was genau hier vor sich ging. „Wer bist du?“, wiederholte Atlan leise und ergriff ihre Schultern. „Ich muss es wissen!“, fuhr er sie an, etwas schroffer als er beabsichtigt hatte.
„Ich bin Quinn“, antwortete sie und legte ein Lächeln auf die Lippen, das Atlan erneut das Gefühl gab, er wäre ein Junge und würde nichts wissen von der Welt. „Was ist mit Daganya! Warum zeigst du sie mir?!“, fuhr er sie an, langsam aber sicher mit der Beherrschung kämpfend. „Wolltest du dich nicht erinnern, Atlan?“ Quinn legte den Kopf leicht schräg. Als hätte ein Kind eine wirklich dumme Frage gestellt. „Woran denn erinnern? Was hast du mit Daganya zu tun, Quinn? Das ist Jahrtausende her!“ Atlans Stimme wurde immer lauter, ungehaltener. Inzwischen hatte er sie fest gepackt. Er wollte sie nicht loslassen, wollte nicht mit noch mehr Fragen gehen, als er sowieso schon hatte. „Siehst du es nicht, Schar-Atlan?“, flüsterte sie leise und sah ihn durchdringend an.
Perry Rhodan ist eine Figur aus dem Universum der PERRY RHODAN-Serie. Mit freundlicher Genehmigung des Pabel-Moewig Verlags, Rastatt.